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Sind 16 Euro pro Jahr zuviel für die Demokratie?
Spoiler: Nein.

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Es wird (mal wieder) der Ruf nach einer Einheitsgemeinde laut, und es wird gehofft, dies wäre eine Möglichkeit, die finanziellen Probleme zu lösen, um auch in Zukunft "die Lebensqualität zu erhalten".
Okay. Sicher nicht die Lösung, aber eine Lösung - oder ein Teil davon.

Wir erinnern uns: es stehen in den nächsten Jahren Ausgaben in Höhe von etwa 50 Mio. Euro an. Einiges freiwillig, anderes verpflichtend. Und obwohl es den Haushalten der Mitgliedsgemeinden passabel geht, fehlt der Samtgemeinde Geld. Die Finanzbeziehungen müssen anders gestaltet werden. Und über die Fusionsrendite einer Einheitsgemeinde könnte man in der Theorie möglicherweise wohl bis zu 300.000 Euro pro Jahr sparen.

Wenn wir nun mal besagte 50 Mio und die 300k "theoretische Ersparnis" verrechnen, werden wir also in nur 166 Jahren diese Summe erspart haben,.. oder anders: kurzfristig löst das das Problem so ganz und gar nicht. Und auch mittelfristig nicht.

Dazu kommt, daß die Samtgemeinde doch anders sparen kann. Vollkommen unnötig werden jedes Jahr viele Hunderttausend Euro z. B. für die Schulträgerschaft der Oberstufe ausgegeben, obwohl die SG das gar nicht zahlen muß, da das bekanntlich Aufgabe des Landkreises ist. Es gibt die selben Schulfächer, die selben Lehrer*innen, auch das Gebäude ist das selbe, .. es gibt keine Vorteile davon, sich jedes Jahr ohne Grund diese enormen Ausgaben zu gönnen. Ein absolut unverständlicher Luxus, der schon seit Jahren mal auf den Prüfstand gehören würde.

Etwas, das man viel schneller angehen sollte, bevor man darüber nachdenkt, vier Gemeinden für alle Zeiten aufzulösen. Denn das sollte nur das letzte Mittel sein, niemals das erste. Und im Idealfall sollte das gar nicht passieren.

Und wenn man solch' enorm hohe und zugleich absolut unnötigen Posten wie z. B. besagte Schulträgerschaft endlich sparen würde, würde man doch wahrscheinlich sogar viel mehr sparen als eine theoretische Fusionsrendite bringen würde - jedes Jahr. Und ganz ohne Auflösung der Gemeinden und der Samtgemeinde mit entsprechenden Kosten.

Denn auch die Abwicklung kommt nicht umsonst; im Gegenteil: wegen neuer Wege, wie z. B. Verordnungen und Ratsarbeit im Ablauf zu gestalten sind usw., wird erstmal mehr Arbeitszeit benötigt. Auch gilt es, da einiges juristisch zu klären, was sicher nicht gratis ist. Ob in eigenen Stunden zu bearbeiten oder gar als Fremdleistung.

Und unter dem Strich wird es dann vielleicht mit etwas Glück im Rathaus hier und da ein Fitzelchen weniger Arbeit geben, aber – Hand auf's Herz - es wird mit Sicherheit nicht eine Stelle wegfallen. Die Personalkosten sinken nicht, also würde der große Posten "181.000 Euro Arbeitszeit-Ersparnis für Ratsbetrieb" eben nur eine theoretische, aber keine praktische Ersparnis sein.

Alles andere bleibt gleich. Die rund 18.000 Einwohnerinnen und Einwohner bleiben gleich. Der Verwaltungsaufwand für diese Menschen bleibt gleich, die notwendigen Menschen im Rathaus und ihre Aufgaben bleiben gleich. Und auch die Steuereinnahmen bleiben gleich. Ein Euro wird nicht zwei Euro. Er wird nichtmal ein Euro und 1 Cent.

Aber drei Gemeinden mit je etwa 3.000 Menschen (und der Flecken) würden unwiederbringlich aufgelöst werden. Es gibt kein Zurück bei dem Weg, es ist eine Einbahnstraße. Jahrhunderte haben die Menschen dafür gekämpft, sich frei und demokratisch aus ihrer Mitte eigene Räte wählen zu dürfen. Es ist das Wesensmerkmal der Demokratie, daß sie auf kommunaler Ebene stattfindet.

Und jetzt soll das wegen kurzfristiger finanzieller Unpässlichkeiten, die sich sicher auch anders lösen lassen, einfach weggewischt werden?! Diese 300.000 Euro theoretische Ersparnis, die wahrscheinlich ohnehin deutlich geringer sein würde und keinen kurz- oder mittelfristigen Lösungsweg für die anstehenden Probleme bietet, entspricht pro Kopf gerechnet auf die Menschen in unserer Samtgemeinde etwa 16 Euro pro Jahr.

16 Euro, die es uns wert sein sollte, die Demokratie vor Ort zu erhalten.
16 Euro, die die Haushalte der Gemeinden hergeben.
16 Euro, die zu "sparen" ein viel zu hoher Preis wäre angesichts der (finanziell gesehen) akut relativen Wirkungslosigkeit der Maßnahme bei gleichzeitig dauerhaft einschneidenden und unumkehrbaren Folgen für die Gemeinden Asendorf, Schwarme, Martfeld und den Flecken und die dort lebenden Menschen.
Für alle nachfolgenden Generationen hier bei uns vor Ort.

Ein paar Worte zu der Samtgemeinderatssitzung am 16.05.2024, die jede negative Kritik verdient hat: ich war vollkommen verdutzt und sprachlos, weil ich mich gewissermaßen in dem Moment etwas "überrumpelt" fühlte und nicht wußte, ob ich noch reagieren darf.

Ich hatte irrtümlich geglaubt, es würde wie angekündigt ablaufen: die Verwaltung würde das Konzept erneut vorstellen, aber dieses Mal eben öffentlich, statt nur den Gemeinderäten und dem Samtgemeinderat wie 3-4 Wochen zuvor. Danach sollte eine Fragemöglichkeit an die Verwaltung folgen, und dann würde es eine Diskussion im Rat geben.

Also stellte ich (als Einziger) eine Frage und freute mich auf die folgende Diskussion. Ich fragte nur eine Sache, damit ich nicht aus Versehen mein Rederecht für die Diskussion verliere, weil es sein könnte, daß jede*r nur 2-3x sprechen darf zu dem Tagesordnungspunkt, bei dem ja sicher viel gesprochen werden würde. Und ich wollte ja noch was sagen in der Diskussionsrunde.

Als es dann aber unmittelbar nach meiner Frage hieß "so, nun stimmenn wir ab, ob dieser Vorschlag an die Gemeinderäte gegeben werden soll", war ich so perplex, daß ich nicht mal mehr "Stop" rufen konnte, um zu fragen, ob denn niemand was zu sagen hat.

Insbesondere in Gegenwart der Bürgerinnen und Bürger wäre das eigentlich eine gute Möglichkeit gewesen, die Standpunkte der Ratsmitglieder zu zeigen. Aber so war das eine absolut verschenkte Situation und ehrlich gesagt auch ganz schön armselig. Da kann ich mich leider nicht von ausnehmen, da ich wie erwähnt ja auch versäumt habe, meine Verdutztheit schnell zu überwinden und noch eine Diskussion zu beginnen. Denn als die anderen Ratsmitglieder sofort ihre Hände in die Luft streckten, konnte ich nur noch schnell dagegen stimmen, bevor die Abstimmung so schnell vorbei war, wie sie kam. Der Samtgemeinderat hat dafür jede Schelte in der Presse und seitens der Bevölkerung verdient.

Im Samtgemeinderat wird das Thema Einheitsgemeinde in der nächsten Zeit kein Thema werden. Bei der nächsten Asendorfer Gemeinderatssitzung werde ich wegen eines lange feststehenden Termins als Bürger nicht teilnehmen können, um Fragen zu stellen, aber ich hoffe ohnehin, daß sich bis dahin längst eine Mitgliedsgemeinde gegen die Fusion entschieden hat und das Thema für die nächsten 15-20 Jahre erstmal wieder vom Tisch ist.

Die Einheitsgemeinde ist meiner Meinung nach keine Lösung. Und der Gedanke, Gemeinden und Räte aufzulösen, sollte wie erwähnt nur der allerletzte Gedanke sein. Die Finanzbeziehungen innerhalb der Samtgemeinde müssen angegangen werden. Klar. Aber ich bin sicher, daß man da Lösungen findet. Ein Anfang ist in jedem Fall die Schulträgerschaft. Und der Rest findet sich auch.